Anlage 2.80

AUSWERTUNGSSCHLÜSSEL
(KEY FOR EVALUATION)


1. Basispunktzahl und Referenzpunktwert

Basispunktzahl (basic score) ist 1000.
Diese Basispunktzahl entspricht in unserem Beispiel (siehe Anlage 2.81) einem Schiffs-Referenzpreis (Reedervorstellung/fiktiver Marktpreis) PR von 30 Mill.US$.
Damit entspricht 1 Referenzpunktwert RPW = PR/1000 = 30.000 US$.


2. Angebotspreis

Wenn ein Anbieter den Referenzpreis quotiert, erfolgt kein Punktabzug/-zuschlag (score correction).
Bei abweichendem Angebotspreis PA erfolgt Punktkorrektur wie folgt:

SP = (PR - PA) / RPW


3. Abweichung vom geforderten Lieferumfang

Wenn ein Anbieter das Schiff in voller Übereinstimmung mit den technischen Ausschreibungsunterlagen anbietet, erfolgt kein Punktabzug/-zuschlag.
Bei Abweichung(en) vom geforderten Lieferumfang bzw.von techni-schen Forderungen gemäß den technischen Ausschreibungs- unterlagen (jedoch außer den Abweichungen von der geforderten Transport-leistung / siehe nachfolgend unter Pkt.4) sind die Mehr- bzw. Minderkosten für die Eliminierung der Abweichung(en) in US$ zu schätzen und zwecks Punktkorrektur durch den RPW zu teilen.

Bem.:Gelegentlich werden unter dieser Rubrik alle wesentlichen Parameter, technischen Forderungen und Bestandteile des Lieferumfangs vom Referenzschiff und den angebotenen Schiffen aufgelistet und auf Übereinstimmung mit bzw.auf Abweichungen von den technischen Ausschreibungsforderungen bewertet. Bei präzisen und ausführlichen technischen Ausschreibungsunterlagen erübrigt sich aber dieser aufwendige Vorgang. Man führt dann - wie in unserem Beispiel - nur die Abweichungen auf (die eigentlich nicht vorkommen sollen).


4. Abweichungen von der geforderten Transportleistung

Wenn ein Anbieter das Schiff mit der geforderten Transportleistung anbietet, erfolgt kein Punktabzug/-zuschlag.
Bei Abweichungen von der geforderten Transportleistung (Tragfähigkeit/Ladefähigkeit, Containerkapazität, Fahrbahnlänge von Ro-Ro-Schiffen, Geschwindigkeit etc.) - die bei einer präzisen und ausführlichen Ausschreibung eigentlich nicht vorkommen sollten, aber bei Akzeptierung von Alternativvorschlägen der Werften nicht immer zu vermeiden sind - ist in der Auswertung entweder

- eine Schiffswertkorrektur

oder

- eine Betriebseinnahmen-/-ausgabenkorrektur

vorzunehmen:

4.1 Schiffswertkorrektur:

Die relativ einfach ermittelbare Schiffswertkorrektur sollte eigentlich nur dann vorgenommen werden, wenn das zu bauende Schiff nur zwecks (sofortigem) Weiterverkauf beschafft werden soll (z.B.als Spekulationsgeschäft). Wenn jedoch das Schiff zu Eigen-nutzungszwecken des Reeders gebaut wird, sollte die unter 4.2 beschriebene Betriebseinnahmen-/-ausgabenkorrektur angewandt werden, da sie den betriebswirtschaftlichen Aspekt der Transportleistungsabweichung berücksichtigt, dessen Korrektur - wie das Beispiel zeigt - ganz erheblich von der Schiffswert- korrektur abweichen kann.

Die Schiffswertkorrektur kann wie folgt vorgenommen werden:
Sofern - wie oftmals vorkommend - keine Marktpreisinformationen für Schiffe mit von der Referenz abweichender Geschwindigkeit erhältlich sind (das gilt z.B.auch für die Erzeugung der 13- und 17-kn-Kurven in Bild 2.31 (siehe Anlage 2.30), in der die (Grund-)Kurve für 15 kn Standardgeschwindigkeit aufgrund von Marktinformationen entwickelt wurde), ermittelt man die Schiffspreisänderung dadurch, daß man die Differenz zwischen der Antriebsleistung bei der Referenzgeschwindigkeit und der Geschwindigkeit des angebotenen Schiffes prognostiziert. Für diese Differenz der Antriebsleistung wird die Hauptmotorenkostendifferenz abgeschätzt und mit einem Nebenkostenfaktor für sonstige Maschinenanlagen- und Schiffskörperänderungen multipliziert (z.B.ca.1,35).

4.2 Betriebseinnahmen-/-ausgaben-Korrektur

Bei Kapazitäts- und/oder Geschwindigkeitsabweichungen - und damit Transportleistungsabweichungen - gegenüber dem Referenzschiff wird zunächst die (jährliche) Transportleistung C des Referenzschiffes und des angebotenen Schiffes z.B.entsprechend Anlage 2.10 und 2.11 ermittelt.
Anschließend schätzt man die jährlichen Einnahmen des Referenzschiffes und des angebotenen Schiffes indem man die (jährliche) Transportleistung C jeweils mit der geschätzten gleichen Frachtrate multipliziert. Sofern diese Frachtrate nicht aus Marktinformationen hergeleitet werden kann, sollte man die mindest-erforderliche Frachtrate RFR für das Referenzschiff entsprechend Anlage 2.30 und 2.32 abschätzen und nach geringer Aufrundung als Frachtrate verwenden.
Außerdem werden die jährlichen Betriebskosten AOC für das Referenzschiff und das angebotene Schiff entsprechend Anlage 2.30 und 2.32 geschätzt.
Nunmehr ermittelt man den Zeitwert (z.B.auf den Lieferzeitpunkt des Schiffes bezogen) der Differenz aus geschätzter jährlicher Einnahme und geschätzten jährlichen Betriebskosten des Referenzschiffes und des angebotenen Schiffes für die angenommene Nutzungsdauer (z.B.20 Jahre) nach der Annuitätsmethode

NPV = SPW * jährl.Einnahme-/Betriebskostendiff.,

bildet daraus die Differenz und teilt das Ergebnis durch den Referenzpunktwert.
Die vorgenommene Vereinfachung, nämlich die Konstanthaltung der jährlichen Einnahmen und Betriebskosten über die volle Nutzungsdauer des Schiffes in Höhe der Werte des 1.Jahres kann bzw.muß in der Praxis akzeptiert werden.


5. Zahlungsbedingungen

Wenn ein Anbieter die in den Ausschreibungsunterlagen vorgegebenen Zahlungsbedingungen voll akzeptiert und auch gleichzeitig den Referenzpreis PR einhält (= Referenzbedingungen), erfolgt kein Punktabzug/-zuschlag.
Bei davon abweichenden Zahlungsbedingungen und/oder abweichendem Angebotspreis PA - korrigiert um Pkt.3 - (=Anbieterbedingungen) wird die Differenz nur der "Zwischenfinanzierungszinsen" (bezogen auf z.B. den Lieferzeitpunkt des Schiffes) zwischen den Referenz-bedingungen und den Anbieterbedingungen gebildet und für die Ermittlung der Punktkorrektur durch den Referenzpunktwert (z.B.30.000 US$) geteilt.
Bei beabsichtigter Verwendung des Aufzinsungsfaktors CA wird der Preisanteil, der bereits unter Pkt.2 und 3 bewertet wurde, dadurch eliminiert, daß man den jeweiligen Aufzinsungsfaktor CA um 1 reduziert d.h.daß die Zahlungsraten mit (CA - 1) multipliziert werden.

Man kann aber alternativ auch auf die Preisbewertung unter Pkt.2 und 3 verzichten und diese Bewertung zusammen mit der Bewertung der Zahlungsbedingungen durchführen, indem man alle Zahlungsraten (bei den Anbieterbedingungen korrigiert um Pkt.3) mit dem jeweiligen Aufzinsungsfaktor CA multipliziert und mit diesen Zeitwerten (bezogen z.B.auf den Lieferzeitpunkt des Schiffes) die Ermittlung wie oben fortsetzt.


6. Finanzierungsmöglichkeiten

Wenn ein Anbieter die in den Ausschreibungsunterlagen gewünschte Finanzierung des Baupreises akzeptiert und auch gleichzeitig die Reederpreisvorstellung einhält (=Referenzbedingungen), erfolgt kein Punktabzug/-zuschlag.
Bei davon abweichenden Finanzierungsvorschlägen und/oder abweichendem - für Pkt.3 korrigiertem - Angebotspreis (=Anbieter-bedingungen) wird jeweils die Summe der Zeitwerte (z.B.auf den Lieferzeitpunkt des Schiffes bezogen) aller Zahlungsflüsse der Finanzierung (Auszahlung, Tilgung, Zinsen) für die Referenz-bedingungen und die Anbieterbedingungen gebildet. Die Differenz aus diesen beiden Summen wird dann zwecks Ermittlung der Punktkorrektur durch den Referenzpunktwert (z.B.30.000 US$) geteilt.


7. Lieferzeit

Wenn ein Anbieter die in den Ausschreibungsunterlagen vorgegebene bzw.eine fiktive Referenz-Lieferzeit (in unserem Beispiel: 16 Monate ab Inkrafttreten des Bauvertrages) zusagt, erfolgt keine Punktkorrektur.
Anbieter, die eine längere (kürzere) Lieferzeit als die vorgenannte Referenz-Lieferzeit von 16 Monaten anbieten, erhalten einen Punktabzug (Punktzuschlag), der wie folgt ermittelt wird:

ST = (TR - TA) * FW / RPW

darin ist:
TR = Referenz-Lieferzeit (Beispiel: 16 Monate)
TA = Lieferzeit des Anbieters
FW = Geldwert pro Monat Lieferzeitabweichung
RPW = Referenzpunktwert (Beispiel: 30.000 US$).

FW kann - je nach Gegebenheit - als Kompensation für die Mehrkosten durch Charterung eines Ersatzschiffes, zur Deckung einer Chartervertragsstrafe oder nur als Kompensation für Gewinn- und Kostendeckungsausfall, und zwar für die Zeit der verspäteten Lieferung des Schiffes angesehen werden.
Punktzuschläge für frühere Lieferung des Schiffes werden meistens nicht gegeben, da das Schiff oftmals nicht eher als vorgegeben (Referenz-Lieferzeit) eingesetzt werden kann, also keinen Vorab-ertrag bringt.


8. Qualifikation/Bonität des Anbieters

Wenn der Reeder/Betreiber und/oder der Consultant der Auffassung sind, daß der Anbieter qualifiziert ist, das Schiff einwandfrei nach den technischen Anforderungen zu bauen, und auch finanziell gesund ist, erfolgt kein Punktabzug.
Wenn dagegen gewisse Bedenken hinsichtlich der technischen Qualifikation des Anbieters bestehen, sind Kosten für eine hypothetische Nachbesserung auf einer qualifizierten Werft (einschl. des Einnahmeausfalls während der nachträglichen Werftliegezeit) zu schätzen und zwecks Punktabzug durch 30.000 US$ zu teilen.
Ebenso ist bei gewissen Bedenken hinsichtlich der Bonität des Anbieters zu verfahren, d.h. das finanzielle Risiko des Reeders wird abgeschätzt und zwecks Punktabzug durch den Referenzpuktwert geteilt.


9. Einhaltung der Ausschreibungsbedingungen

Wenn ein Anbieter zusagt, alle sonstigen Ausschreibungsbedingungen voll einzuhalten, erfolgt kein Punktabzug.
Bei Abweichungen von den Ausschreibungsbedingungen (z.B. Ablehnung von Bauvertragsbedingungen etc.) wird das finanzielle Risiko grob geschätzt und durch den Referenzpunktwert geteilt.


10. Aufmachung des Angebots

Wenn ein Anbieter das Angebot einwandfrei aufgemacht und komplett vorlegt, erfolgt kein Punktabzug.
Bei nicht einwandfreier Aufmachung und Unvollständigkeit des Angebots ist ein angemessener Punktabzug vorzunehmen.


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