3.3 Planung und Realisierung der Unternehmensorganisation

Insbesondere wenn es um die Organisation eines Unternehmens geht, stellten sich in der Vergangenheit und stellen sich auch noch vielfach in der Gegenwart die Phasen der Planung und Einführung - ironisch interpretiert - wie folgt dar:
  1. Allgemeine Begeisterung
  2. Beklemmende Ernüchterung
  3. Totale Verwirrung
  4. Suche der Schuldigen
  5. Bestrafung der Nichtschuldigen
  6. Auszeichnung der Nichtbeteiligten.
Unser Ziel als Consultant bzw.Unternehmensplaner muß es aber sein, eine systematische und erfolgversprechende Organisationsstruktur unter Einbeziehung aller Unternehmensebenen zu entwickeln und ggfls.zu implementieren und zu erproben, bei Reorganisation auch gegen das Mißtrauen bzw.die Verweigerung der Beteiligten/ Betroffenen und zwar möglichst in motivierender Form.

Diese Organisationsstruktur soll dem Unternehmen als effektives Instrumentarium zur Erreichung der angestrebten Unternehmensziele und der Minimierung von Unternehmensrisiken dienen und damit die Zukunft auf offensive Art sichern ("act before you have to react").

Ein modernes Organisationsinstrumentarium ist auch notwendig, um in unserer industrialisierten Welt mit ihrer schnellen Veränderung von Produkt- und Produktionstechnologien sowie der Bedürfnisse der Produktinvestoren/-nutzer eine hohe Flexibilität mit schneller Reaktionsfähigkeit in komplexen Produktionssystemen (wie es ein Werftbetrieb ist) unter Berücksichtigung externer und interner Umfeldzwänge zu schaffen.

Damit dieses Organisationsinstrumentarium aber optimal zur Begründung und Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und demzufolge zur Erreichung der in Kapitel 3.1 bzw.Anlage 3.01 genannten Ziele des Unternehmens (Kapitalgeberinteressen und gesellschaftlich eingeforderte Ziele) genutzt werden kann, ist eine auf Erfolg ausgerichtete Geschäftspolitik als Grundlage für die Gestaltung der Organisationsstrukturen zu entwickeln und zu verfolgen. Anlage 3.01 zeigt in Schlagworten mögliche Inhalte einer progressiven Geschäftspolitik und dazu notwendige taktische Maßnahmen auf und kann daher als Checkliste für den Consultant Verwendung finden.

Freiere Gestaltung der Unternehmensorganisation ist natürlich beim Neuaufbau einer Werft gegeben, während man beim Ausbau bzw.der Reorganisation von vorhandenen Werften häufig gezwungen ist/wird, Teile der vorhandenen Organisationsstrukturen beizubehalten. Als Consultant sollte man das letztere aber nicht unwidersprochen akzeptieren, wenn zu erwarten ist, daß eine Strukturveränderung merkliche Vorteile bringt (dem Auftraggeber einen schriftlichen Nachweis vorlegen!).

Bei der Planung und Realisierung der Organisationsstruktur eines Unternehmens unterscheidet man folgende Formen: Das Schaubild "Quasi-dreidimensionale vereinfachte Darstellung eines industriellen Organisationssystems" (siehe Anlage 3.30A) zeigt in drei Achsen eine zusammenhängende vereinfachte Gesamtstruktur und zwar in der einen horizontalen Achse die Aufbauorganisation mit den Unternehmensfunktionen, in der anderen horizontalen Achse die Ablauforganisation mit Aktivitäten (Vorgängen) und Zielrichtungen sowie in der vertikalen Achse die Unternehmensebenen. Wie später noch erläutert, ist diese Gesamtstruktur in der Praxis auch mehr oder weniger dreidimensional geordnet und aus vielen Einzelstrukturen verknüpft, um durch die Integration aller Ebenen, Funktionen und Aktivitäten eine effiziente Erreichung der Unternehmensziele zu ermöglichen.

Ergänzend dazu werden in der Anlage 3.30B prinzipiell die güterwirtschaftlichen, finanzwirtschaftlichen und informationellen Prozesse dargestellt, deren Optimierung von der Unternehmensführung wie auch von den Mitarbeitern ständig verfolgt werden sollte. Dabei sind auch die von innen und aussen kommenden Einflüsse - wie dargestellt - zu berücksichtigen.

Im folgenden wird auf die Organisationsformen und die dazu gehörenden Methoden und Mittel z.T. generell und teilweise auch etwas detaillierter eingegangen.


3.3.1 Aufbauorganisation

Für die Leitung der jeweils nachgeordneten Stellen findet man in der allgemeinen Praxis verschiedene Formen der Aufbauorganisation: Diese vier Aufbauorganisationssysteme sind prinzipiell im Schaubild "Aufbauorganisationssysteme" (siehe Anlage 3.31) dargestellt und unterscheiden sich wie folgt:
  1. Beim "Liniensystem" sind alle Funktionen (Bereiche) eines Unternehmens in einer einheitlichen (vertikalen) Anordnungsreihe von der obersten Instanz bis zur untersten Stelle gegliedert. Ihm haftet eine gewisse Schwerfälligkeit bei der Durchgabe von Anweisungen, Vollzugs- bzw.Störmeldungen und Rückfragen an. Es ermöglicht aber einen straff gegliederten Aufbau und läßt Verantwortungsbereiche, Rechte und Pflichten klar und übersichtlich festlegen.
  2. Beim "Funktionalsystem" geht man von der Spezialisierung der einzelnen Funktionen aus. Die Einheit der Anweisungsbefugnisse wird fallengelassen. Der einzelne Sachbearbeiter als Funktionsträger erhält seine Durchführungsaufträge von verschiedenen Stellen. Dieses System ist z.B.bei Stabsstellen, die für mehrere Abteilungen arbeiten bzw.mehrere "Chefs" haben, zu finden.
  3. Das "Stabliniensystem" stellt gewissermaßen die Verbindung der beiden vorgenannten Systeme dar. Man will hierbei die Vorteile der straffen Organisationsform des Liniensystems beibehalten, die Behandlung spezieller Aufgaben aber dadurch intensivieren, daß man neben den Abteilungen der Linie gesonderte Stabsstellen mit Aufgaben für mehrere Vorgesetzte betraut. Stabsstellen erhalten jedoch kein eigenes Anordnungsrecht, sondern wirken praktisch nur als Ratgeber für die Leitungsstellen der Linie. Entsprechend dieser Aufgabe sind sie meist nur in der obersten Führungsebene zu finden. Eine Ausnahme bildet jedoch die Stabsfunktion eines Projektleiters, der für ein Großprojekt eingesetzt wird und der vorgeordnete projektbezogene Kompetenzen erhält.
  4. Das "Matrixsystem" löst das Problem des Zusammenwirkens verschiedenartiger Funktionen, nämlich der wertschöpfenden Funktionen (z.B.Produktion, Verkauf) und der verwaltenden Funktionen (z.B.Rechnungswesen, Personal) auf eine sehr einfache Weise: Die eine Art der Funktionen wird horizontal, die andere vertikal aufgetragen. Dabei ist gleichgültig, welche Funktionsart horizontal und welche vertikal in der "Matrix" stehen, da beide gleichrangig sind.
Die Aufbauorganisation eines Unternehmens ist also das, was man üblicherweise als "Organisationsplan" (dargestellt als Blockdiagramm) bezeichnet. Der "Organisationsplan" läßt sowohl die hierarchischen Rangstufen (Geschäftsleitung, Hauptabteilungen, Abteilungen, Gruppen) erkennen als auch die funktionale Gliederung, d.h.die Arbeitsteilung in der unternehmerischen Gesamtaufgabe.

Für die Struktur der hierarchischen Rangstufen gilt das oben unter dem Aspekt der Leitung über Linien-, Stablinien- und Matrixsystem Gesagte.

Die funktionale Gliederung ist nicht nur von der Art, sondern auch von der Größe des Unternehmens abhängig. Die moderne Organisationstheorie geht von folgenden Hauptfunktionen eines industriellen Unternehmens aus: und darüber angeordnet die In größeren Betrieben gibt es oftmals noch die Unternehmensplanung und Zentralverwaltung als Stabsstellen der Unternehmensleitung und die Anlagenwirtschaft als gesonderte Abteilung für Anlagen-(Investitions-)belange.

Im modernen Schiffbau wird üblicherweise das Liniensystem in Kombination mit dem Stabsystem (höhere Unternehmensebenen) und dem Matrixsystem (operative Unternehmensebene) angewendet, wobei jedoch in Schwellen- und Entwicklungsländern mit ihrer oftmals nach dem Hierarchieprinzip agierenden und bürokratisch organisierten Gesellschaft noch das nahezu reine Liniensystem verfolgt wird. Bei Aktivitäten in diesen Ländern muß der Consultant dementsprechend auf die gesellschaftlichen Eigenarten des Unternehmerlandes Rücksicht nehmen, dabei aber im Interesse der Einführung effizienterer Organisationsmethoden auch die Einbindung von Stab- und Matrixstrukturen in das Organisationssystem verfolgen.
Hierzu siehe auch das in Anlage 3.32 dargestellte Muster eines Organisationsplanes, der für die Reorganisation einer indonesischen Werftgruppe erstellt wurde. Dieser ist gegliedert in

3.3.2 Ablauforganisation

Es ist erwiesen, daß nur wenige Menschen von Natur aus die Anlagen und das Bestreben haben, eine Arbeit systematisch, d.h.planvoll zu verrichten. Die Mehrheit der arbeitenden Menschen muß also dazu erzogen oder zumindest angeleitet werden. Daraus folgt, daß der Ablauforganisation, d.h.der optimalen Ordnung des Projekt- und Arbeitsablaufs, auf allen hierarchischen Ebenen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muß.

Eine Ablauforganisation muß Während man die Pläne der (statischen) Aufbauorganisation vorwiegend vertikal graphisch darstellt, hat sich für die zeitlich orientierte Ablauforganisation zunehmend die horizontale Darstellungsweise durchgesetzt, was der Vorstellung des Ingenieurs sehr entgegenkommt, da er gewohnt ist, die Zeit auf die X-Achse zu legen.

Eine effektive Ablauforganisation wird in der modernen Unternehmensführung durch sogenannte "Regelkreise" gebildet (siehe Bild 3.33), die z.T.auch Ebenen- und Bereichs- aber auch Firmen-übergreifend und verknüpft als übergeordnete bzw.untergeordnete Ablaufstrukturen wirken.


Bild 3.33: Gesamtunternehmerischer Regelkreis


In der vollen Sequenz der Regelkreise läuft prinzipiell ab: Entsprechend dem Schaubild "Quasi-dreidimensionale vereinfachte Darstellung eines industriellen Organisationssystems" (siehe Anlage 3.30A) und wie oben angesprochen, ist die Ablauforganisation nicht nur Zeit-orientiert, sondern u.a.auch Ebenen- und Bereichs-orientiert und verknüpft.

Bei der Ebenen-Orientierung unterscheidet man Die Rückkopplung (Soll-Ist-Vergleich) erfolgt zunächst auf der jeweiligen Ebene bevor (nach evtl.Korrektur) die Rückkopplung Ebenen-übergreifend erfolgt.

Wie schon oben gesagt, ist die Ablauforganisation natürlich auch Bereichs-übergreifend verknüpft. Diese Integration ist ebenfalls von größter Wichtigkeit, da die einzelnen Bereiche nicht unabhängig voneinander planen bzw.wirken können. So ist z.B.eine enge Verknüpfung von Produktion, Konstruktion und Materialwirtschaft für eine effiziente Zielerreichung unbedingt notwendig. Dementsprechend hat die Aufbauorganisation in der operativen Ebene zumindest zum Teil Matrixcharakter.

Entsprechend der vorstehend generell erläuterten Ablauforganisationsphilosophie findet man in modern geführten Werftunternehmen mit typischer Objekteinzelfertigung und sehr arbeitsteiliger Strukturierung unter anderem folgende Organisationseinzelstrukturen in und zwischen den verschiedenen Unternehmensebenen und Funktionsbereichen vor: Das in Anlage 3.34 dargestellte Blockdiagramm "PPS-Ablauf im Schiffbau" zeigt beispielhaft die Objekt-bezogene Ablauforganisationsstruktur des Vertriebs ("Projektphase") und der Produktion ("Auftragsphase") (Aus: FDS-Bericht "Produktionstechnik im Schiffbau / Entwicklungskonzeption für die Werft der neunziger Jahre").


Um ein komplexes System wie die Ablauforganisationsstruktur optimal aufbauen und nutzen zu können, bedient man sich in der modernen Industrie zunehmend der Systemtechnik, die insbesondere durch die Einführung bzw.Weiterentwicklung der EDV realisiert werden konnte. Die Systemtechnik beinhaltet Verfahren, Methoden bzw.Arbeitsmittel, die dazu dienen, ein System aufzubauen, zu optimieren, zu steuern, zu regeln und zu erhalten. Das fängt also an bei der Für die Ordnung innerhalb der systemtechnischen (aber auch herkömmlichen) Verfahren, Methoden und Arbeitsmittel in Organisationssystemen sind Hilfsmittel erforderlich wie z.B. Die vorstehende Abhandlung über die industrielle Ablauforganisation gibt einen theoretischen Überblick über moderne Systeme und ihre Anwendungsmethoden, die vornehmlich in größeren Industriebetrieben mit komplexer Struktur Eingang gefunden haben. In kleineren (Werft-) Unternehmen - und dabei besonders in Schwellen- und Entwicklungsländern - ist die Anwendung herkömmlicher einfacherer Methoden (z.B.Terminplanung mit manuell erstellten Balkendiagrammen, manuelle Kapazitätsbelastungsplanung, Arbeitssteuerung und -überwachung durch Abteilungsleiter bzw. Meister) ganz oder teilweise immer noch vorzuziehen.


3.3.3 Informationsorganisation

Bei der Aufbauorganisation geht es um die statische Rangordnung als Struktur der Verantwortungsaufteilung.

Bei der Ablauforganisation geht es primär um Aktivitäten/Vorgänge und die Zielrichtungen ihrer Ergebnisse in zeitlicher Sequenz.

Die Ablauforganisation wird aber erst durch "Aufsattelung" von Informationen zum Leben erweckt, die in Form von im Ablauforganisationssystem er-/verarbeitet bzw.weitergegeben werden, d.h.Informationen, die auf den "Schienen" der Ablauforganisation bewegt werden, lösen Vorgänge/Aktivitäten aus, die einerseits aus Sammlung, Be-/Verarbeitung bzw.Weitergabe von Informationen (Softwareprozesse) bestehen und/oder andererseits aus Produktionsprozessen (Hardwareprozesse) im weitesten Sinne.

Die vorgenannten "aufgesattelten" Informationen auf den Schienen der Ablauforganisation stellen aber bei weitem nicht den gesamten Informationsfluß eines Unternehmens dar, sondern dieser wird insbesondere noch ergänzt um externe Informationen. Der Informationsfluß hat heute bereits eine Größenordnung und Qualität angenommen, daß man die Informationsorganisation eines Unternehmens zunehmend als die wichtigste Organisationsform ansieht, nicht zuletzt auch aufgrund der Tatsache, daß alle Unternehmens-prozesse nur optimal auf der Grundlage und mit Hilfe von effek-tiven Informationsvorgängen möglich und steuerbar sind. Dies entspricht auch der allgemeinen wirtschaftspolitischen bzw. gesellschaftlichen Entwicklung "weg von der Dominanz der Produktion, hin zur Dominanz der Information".

Ziel einer modernen Informationsorganisation ist es, sicherzustellen, daß diejenigen, die Informationen brauchen, diese Informationen durch systematische Beschaffung, Aufbereitung und Zuleitung/Bereitstellung richtig, in ausreichendem Umfang und rechtzeitig erhalten bzw.erhalten können, um sich dadurch der heutigen und zukünftigen Markt- und Konkurrenzsituation qualitativ und schnell anzupassen.

In wesentlichem Umfang ist dieses nur durch den Einsatz der EDV mit ihrer internen/externen Vernetzung und von Daten-/Informationsbanken möglich. Im industriellen Bereich ist dementsprechend das CIM (Computer Integrated Manufacturing) eine sehr wichtige Entwicklung.

In der Schiffbaupraxis ist der Weg zum CIM durch Einführung und Integration von geeigneten CAD-, CAM- und PPS-Systemen auf den Weg gebracht worden.
In anderen industriellen Bereichen ist eine derartige Integration schon teilweise weiter vorangeschritten, wie dies z.B.durch Softwaresysteme der SAP AG demonstriert wird.


3.3.4 Aktivitäten (Vorgänge) in den einzelnen Funktionsbereichen

Um die Aufbauorganisationsstrukturen mit Leben zu erfüllen, d.h.um das Unternehmen zu betreiben, sind natürlich auch eine sehr große Zahl von Aktivitäten auszuführen.

Das Eingehen auf diese große Zahl von Aktivitäten würde den Rahmen dieses Lehrfachs bei weitem sprengen. Dafür sind zum größten Teil andere Lehrfächer des Fachbereichs Schiffbau und anderer Fachbereiche zuständig.

Im Lehrfach "Consulting" konnten nur wenige Aktivitäten generell bzw.vereinfacht behandelt werden wie z.B.die Vor-Investitions-Planung, die Investitions-Planung und -Überwachung, die Planung der Unternehmensorganisation.
Abgesehen davon, wird noch auf folgende Aktivitäten, die der Schiffbauingenieur üblicherweise wahrnimmt, näher eingegangen:
(Bemerkung: Die Einzelheiten zu den vorgenannten Aktivitäten sind jedoch nicht in dieser Homepage enthalten.)


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